Den Familienfrieden wieder herstellen

Diakon Klein und sein Team von der Bäuerlichen Familienberatung begleiten Landwirte bei Konflikten

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„In einen festgefahrenen Konflikt kann oft nur Bewegung kommen, wenn eine neutrale Person von außen draufschaut“, ist Diakon Andreas Klein überzeugt. Er ist der Leiter der Bäuerlichen Familienberatung mit Sitz im oberbayerischen Reichertsheim im Landkreis Mühldorf am Inn. Die Einrichtung  der Erzdiözese München und Freising ist eine Anlaufstelle für Landwirtinnen und Landwirte  mit ihren Angehörigen und überhaupt für Familien auf dem Land. Diakon Klein bietet das Gespräch und Unterstützung an beispielsweise, wenn es Konflikte in der Familie oder zwischen den Generationen gibt, wenn der Hof verschuldet ist oder wenn die Arbeit nicht mehr zu schaffen ist. Die Bäuerliche Familienberatung gibt es seit 1996 - heute wird ihr kostenloses Angebot stärker nachgefragt denn je.

Der Theologe Klein stammt selber aus einem Hof in Rheinland-Pfalz und hat schon in vielen Konflikten vermittelt. Seine ruhige Art und seine Haltung, Missstände mitunter klar zu benennen, haben ihm viel Wertschätzung eingebracht. Um die steigenden Anfragen zu bewältigen, arbeitet er mit einem zwölfköpfigen Team aus Ehrenamtlichen zusammen. Sie kommen aus unterschiedlichen Regionen des Erzbistums und sind in verschiedenen Berufen tätig. Es sind Männer und Frauen im Alter zwischen 27 und 70 Jahren. Mit einer zweijährigen Zusatzausbildung haben sie sich für den Beratungsdienst qualifiziert.

Wer sind die Berater?

Franz Manzinger aus Rechtmehring im Landkreis Mühldorf ist einer dieser Ehrenamtlichen. Der 54-jährige Bankenberater ist in einem Bauernhof aufgewachsen. Er fühlt sich der Landwirtschaft und der Kirche eng verbunden. Die Beratungsarbeit ist für ihn ein Ausgleich zu seinem Hauptberuf, weil er es hier mit der Basis zu tun habe. „Da ist es warm und kalt“, findet der 54-Jährige. Er hat erlebt, was es für Familien bedeutet, wenn der Betrieb überschuldet ist, wenn die Hofübergabe ungeklärt bleibt, wenn Entscheidungen getroffen werden müssten, aber auf die lange Bank geschoben werden. „Wenn es gewünscht wird, kann ich den Kontakt herstellen zu unabhängigen Fachstellen“, versichert er. Voraussetzung sei, dass die Konfliktbeteiligten einzeln für sich und miteinander herausfinden, welchen Weg sie einschlagen wollen.
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Karin Sepp aus Germering im Landkreis Fürstenfeldbruck arbeitet seit zwölf Jahren als ehrenamtliche Beraterin im Team von Diakon Klein mit. Die 62-Jährige ist ausgebildete Erzieherin und hat in einen Bauernhof eingeheiratet. Zusammen mit ihrem Mann hat sie einen Hofladen mit Café aufgebaut. Als ihr Sohn mit seiner Frau den landwirtschaftlichen Betrieb übernahm, hat sie selber erlebt, welche Rollenveränderung eine Hofübergabe für alle Beteiligten mit sich bringt. „Da können schon mal Konflikte unter den Generationen auftauchen“, sagt sie und ergänzt: „Es lässt sich alles wieder richten, aber jeder muss etwas dafür tun.“ Als Kreisbäuerin weiß sie um die hohe Arbeitsbelastung der Landwirte, besonders der Frauen. In den Beratungsgesprächen sagt sie öfter: „Kümmern Sie sich auch mal um sich, nicht immer nur um die anderen!“

Wer kann sich beraten lassen?

Nie zuvor in seinen 24 Dienstjahren hätten so viele Leute bei ihm angerufen wie jetzt und um Unterstützung gebeten, berichtet Diakon Klein. „Leider melden sich viele erst, wenn die Situation sehr verfahren und unerträglich geworden ist“, bedauert er. Dann brauche es wesentlich mehr Zeit, die Lage zu stabilisieren. Er ermutigt alle, ihre Scheu zu überwinden. „Wer Sorgen und Ängste hat, muss sich nicht schämen“, macht er deutlich. Die Beratung unterliege der absoluten Schweigepflicht. Ein Gespräch bringe allen Vorteile. „Es entlastet und macht den Geist und die Seele frei, wieder klar nach vorne zu blicken“.
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Hingegen werde in der jüngeren Generation offener über Konflikte geredet, hat Klein festgestellt. Junge Bäuerinnen würden sich über ihre Familiensituation mit anderen Frauen aus der Landwirtschaft austauschen. Klein betont, dass der kirchliche Beratungsdienst auch offen ist für Familienbetriebe, die nicht im Bereich der Landwirtschaft tätig sind. In vielen Handwerksbetrieben gäbe es ähnliche Strukturen. Auch sie können sich bei Problemen jederzeit an die Bäuerliche Familienberatung wenden.

Wie läuft eine Beratung ab?

Wer in einer schwierigen Lebens- und Arbeitssituation ist, ruft bei Diakon Klein an und schildert sein Problem. Danach kann man mit ihm vereinbaren, wie es weitergehen soll. Entweder gibt es ein Treffen im Beratungsbüro in Reichertsheim und es erfolgt ein erstes Gespräch. Oder wenn es gewünscht wird, kommt Diakon Klein bzw. von ihm beauftragte Mitarbeiter zu dem Anrufer nach Hause. „Dieses Gespräch am Ort der Streitigkeiten ist in vielen Fällen schon der erste Schritt zur Lösung“, hat der Seelsorger die Erfahrung gemacht. Das Reden vor Ort über die bedrängende Situation bricht bei vielen die Sprachlosigkeit auf und bringt die Traurigkeit und die angestaute Wut an die Oberfläche.
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Gut sei es, wenn alle Personen, die in den Konflikt verstrickt sind, mit zum Gespräch dazukommen. Jeder könne in Einzelgesprächen dann die Probleme aus seiner Sicht schildern. Wenn die persönliche Deutung des Konflikts vorgetragen wird, werde manchem klar, wo Verletzungen in der Vergangenheit stattgefunden haben, die nicht als solche eingeschätzt wurden. Nicht selten werden Beratungen von den Konfliktparteien auch abgebrochen: Sie wollen sich nicht mehr miteinander an den Tisch setzen und einander zuhören. Sie haben Angst, Fehler einzugestehen. Oder sie sind noch nicht bereit, Zugeständnisse für einen fairen und respektvollen Umgang miteinander zu machen. Auch solche Fälle gibt Diakon Klein nicht verloren. „Manchmal liegt zwischen zwei Schritten ein langer Weg und eine lange Zeit.“
Text: Lisa Schmaus, April 2020

Bäuerliche Familienberatung    
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Weitere Kontaktstellen:
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Katholische Landjugendbewegung (KLJB) München und Freising   http://www.kljb-muenchen.de
Katholische Landvolkshochschule Petersberg www.der-petersberg.de